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GP: Geschichte der Physik
GP III: HV III
GP III.1: Hauptvortrag
Mittwoch, 19. März 1997, 11:15–12:00, 122
K wie Kontroverse — •Skuli Sigurdsson — MPI für Wissenschaftsgeschichte, Wilhelmstraße 44, 10117 Berlin
Meinungsverschiedenheiten bilden ein Kernstück des intellektuellen Lebens. Entdeckungen, Kontroversen, das Aushandeln von Meinungsverschiedenheiten und die Kontrolle über das geistige Eigentum sind ganz gewöhnliche Aspekte der Wissenschafts- und Technikentwicklung. In der Geschichte der Technik sind Mehrfacherfindungen die Regel. Ingenieure und Techniker lassen das Eigentum an ihren Erfindungen vom Patentamt absichern, Schriftsteller können ihre Werke urheberrechtlich schützen lassen, während es für Wissenschaftler keine vergleichbare Institution gibt, die ihnen ihre Entdeckungen zuschreibt. Wie Wissenschaftler ihren Anspruch auf Urheberrecht oder Patente geltend machen, hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert und sich häufig zu heftigen Kontroversen entwickelt. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Entdeckung des Kalküls am Ende des 17. Jahrhunderts (Leibniz-Newton-Streit). Die Wissenschaftliche Revolution hatte neue Formen von Wissen, Autorenschaft und Auseinandersetzung hervorgebracht; alle drei Elemente verknüpfen sich in dem Leibniz-Newton-Streit. Die Geschichte der Wissenschaften ist übervoll mit solchen Kontroversen und ihre Analyse hat in der Wissenschaftstheorie und -soziologie zentrale Einschichten ermvglicht. Dennoch lassen sich wissenschaftliche Kontroversen nicht auf einen Streit über geistiges Eigentum reduzieren. So ist z. B. die (un)bewußte Nichtbeachtung der gegnerischen Auffassungen (Stil, Weltanschauung) oder der Wunsch, dem Gegner die Anerkennung als echte Wissenschaftler oder Techniker zu verweigern (Astrologie, Parapsychologie, Relativitätstheorie, UFOs) die Triebkraft vieler Kontroversen gewesen.