Heidelberg 1999 – wissenschaftliches Programm
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GP: Geschichte der Physik
GP 5: DDR
GP 5.1: Vortrag
Freitag, 19. März 1999, 10:00–10:25, Phys. Inst.
Autonomie der Hochschule oder politischer Zwang? Das Ende des Radium-Instituts der Bergakademie Freiberg 1948 — •N. Fuchsloch —
Mit den Bestimmungen des 1946 erlassenen Gesetzes Nr. 25 der Alliierten Kontrollbehörde begründete die SMAD die 1948 verfügte Auflösung des Radium-Instituts der Berkakademie Freiberg. Dem Leiter des Instituts, Prof. Dr. Gustav Aeckerlein, wurde zudem untersagt, ändige Forschungsarbeiten mit Benutzung der radioaktiven Stoffe aufzuführen“. Aeckerleins Einwände gegen diese Entscheidung bewirkten nichts. Seit 1908 führten Wissenschaftler der Bergakademie Freiberg planmäßige radiologische Untersuchungen der sächsischen Quellen und Gewässer durch. Ziel war, wenige Jahre nach der Entdeckung des Phänomens Radioaktivität, die Kraft der Strahlung im Wasser des Landes der radioaktiven Quellen wirtschaftlich auszunutzen. 1913 entstand in Oberschlema ein neues Kurbad, welches Trink- und Badekuren mit Radon-haltigem Wasser anbot, und das schon ältere Bad Brambach schuf einen repräsentativen Quellenpark in seinem Kurgarten, um zum Genuß Radium-haltigen Wassers zu animieren. Die Kontrolle und weitere Erforschung des sächsischen Quellenschatzes oblag dem 1912 gegründeten Radium-Institut der Bergakademie Freiberg. Dessen Leitung übernahm der Physiker Carl Friedrich August Aeckerlein, ein Schüler des Nobelpreisträgers Ferdinand Braun. Mit dem Ordinariat der Physik führte Aeckerlein seit 1930 zwei Institute in Personalunion. Im Frühjahr 1939 beschloß der Senat der Bergakademie, nach Aeckerleins Emeritierung das Institut für Physik der Elektrotechnik, das Institut für Radiumkunde der Geophysik einzugliedern. Aeckerlein gelang es, eine Absichtserklärung dahingehend zu erwirken, die Physik als eigenständig zu erhalten und ihr die Radiumkunde einzugliedern. Darüber fiel jedoch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs keine Entscheidung mehr. An Forschungsarbeiten für atomare Projekte war Aeckerlein bis Mai 1945 nicht beteiligt. Nach der Gründung des Technischen Büros dür Buntmetalle, Filiale Freiberg, das vor Ort sein Freund, der Leiter des Geologischen Instituts der Bergakademie, Prof. Dr. Friedrich Schumacher führte, entwickelte Aeckerlein ein Programm zur Uran-Prospektion für die Sowjets. Er entwarf dabei unter anderem Vorschläge zum Bau von tragbaren Apparaturen, um durch die Messung von Radioaktivität vor Ort einen schnellen Zugriff auf Uranerzvorkommen zu ermöglichen. Erst ab diesem Zeitpunkt war Aeckerlein in Forschungsvorhaben und deren Umsetzung invoilviert, die einen direkten Bezug zur atomaren Rüstung hatten - nun allerdings der sowjetisch, deren ücke“nach den amerikanischen Bombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki um so dringender fühlbar wurde. Die Beauftragten der Sowjetmacht nutzten insofern die Möglichkeiten des Kontrollratsgesetzes voll aus. Nach Aeckerleins Erfolgen benutzten sie es außerdem als formalrechtliche Grundlage, um im Grunde längst feststehende Entscheidungen ihrer politischen Vorgänger erneut zu sanktionieren und endgültig durchzuführen. Der Vortrag versucht, die Hintergründe dieser hochschulpolitischen Entscheidung weiter zu erhellen und eventuell andere Argumentationsstrukturen bezüglich der Schließung des Radium-Instituts offenzulegen.