Regensburg 2002 – scientific programme
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PV: Plenarvorträge
PV VIII
PV VIII: Plenary Talk
Wednesday, March 13, 2002, 12:00–12:45, H1
Orientierungsordnung in Flüssigkeiten — •H. Reichert — MPI für Metallforschung, Heisenbergstrasse 1, D-70569 Stuttgart — Träger des Walter-Schottky-Preises 2002
Symmetrien sind ein wichtiger Schlüssel, mit dem die Physik die Geheimnisse der Natur enträtselt und ordnet. Auch die Eigenschaften von kristalliner Materie hängen von inneren Symmetrien ab, die heute im Detail verstanden sind. Die mikroskopische Struktur sowie die lokale Punktsymmetrie in der Nahordnung von stark ungeordneten Systemen stellen dagegen eine der fundamentalen offenen Fragen auf dem Gebiet der kondensierten Materie dar. Die Bedeutung lokaler Symmetrien wurde schon früh durch die Vermutung herausgestellt, dass einfache Flüssigkeiten Fragmente mit polytetraedrischer Symmetrie aufweisen. Diese zufällig orientierten, hochmobilen Strukturen waren bislang experimentell nicht direkt zugänglich. Herkömmliche Streuexperimente zur Strukturbestimmung erlauben aufgrund intrinsischer Mittelungsprozesse in der Streuung nur die Bestimmung der isotropen radialen Verteilungsfunktion. Kürzlich konnte nun erstmals mit Synchrotronstrahlung eine lokale fünfzählige Symmetrie in flüssigem Blei nachgewiesen werden. Dazu wurde die Symmetriebrechung zur Ausrichtung der polytetraedrischen Fragmente an der fest-flüssig Grenzfläche Pb(liq.)-Si(100) ausgenutzt. Eine genaue Analyse der Röntgenstreuverteilung des flüssigen Bleis erbrachte dann den direkten Nachweis einer fünfzähligen Symmetrie in der Flüssigkeit. Die Beobachtung einer lokalen fünfzähligen Symmetrie in einfachen Flüssigkeiten wie Blei hat tiefergehende Bedeutung für das Verständnis der Stabilität kondensierter Materie. Die Experimente zeigen direkt, dass Kristalle und Flüssigkeiten strukturell nicht miteinander verwandt sind.