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Augsburg 2003 – scientific programme

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GP: Geschichte der Physik

GP 8: Drittes Reich

GP 8.4: Talk

Thursday, March 20, 2003, 18:30–19:00, 1003

Unternehmen Blücher - Legende und Wirklichkeit eines Versuchs deutscher Physiker zur Rettung naturwissenschaftlichen Nachwuchses vor dem Fronteinsatz. — •Karlheinz Koppe — Wurzerstrasse 136, 53175 Bonn

Das Unternehmen Blücher war ein bis heute unbekannt gebliebenes Kapitel in den Beziehungen zwischen NS-Staat (insbesondere der HJ), Wissenschaft und Schule. Ausgangspunkt war eine Eingabe, die Prof. C.W. Ramsauer Ende 1942 an das Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung gerichtet hatte und in der er Verbessserungen in der Bereichen Theorie der Physik, Etatmittel, Lehrstuhlbesetzung und Nachwuchsförderung anmahnte. Die Erfolglosigkeit dieser Bemühungen veranlasste Ramsauers Kollegen Prof. Dr. Ernst Brüche, der zum selben Zweck die „Informationsstelle Deutscher Physiker“ gründete, die Sorgen um wissenschaftlichen Nachwuchs ein Jahr später Rüstungsminister Speer vorzutragen, der dafür ein offeneres Ohr hatte und eine Kooperation mit der HJ-Führung anregte. Der dort zuständige Abteilungsleiter Hauptbannführer Heinrich Hartmann erkannte das Problem und organisierte gemeinsam mit Brüche und mit Billigung von Reichsjugendführer Axmann ein Modellinternat für naturwissenschaftliche begabte Schüler der Klassen 10 bis 12 in Schloss Weidenhof bei Breslau, das Unternehmen Blücher. Das Projekt wurde gegenüber Partei, Wissenschaftsministerium und Gestapo (SS-Führung) absolut und bis zum Ende mit Erfolg geheimgehalten, weil von dort Widerstand zu erwarten war. Die Schüler sollten vom Militärdienst freigestellt bleiben und einen rein sachbezogenen, also ideologiefreien Unterricht, vor allem in Physik und Mathematik erhalten. Mit der Wehrmachtsführung wurde -. ebenfalls vertraulich - diese Freistellung abgesprochen und das Internat als Wehrertüchtigungslager getarnt, nicht zuletzt um in den Genuss der notwendigen Verpflegung und Bekleidung aus Wehrmachtsbeständen zu kommen. Beim Näherrücken der Ostfront wurde das Internat nach Süddeutschland verlagert, allerdings wurden die älteren Schüler entgegen den Vereinbarungen von der Breslauer Festungskommandatur zwangsrekrutiert und sind vermutlich bei den Kämpfen umgekommen. Das Unternehmen Blücher wirft ein interessantes Licht sowohl auf die Bemühungen der DPG, ein Höchstmass von Unabhängigkeit vom NS-Staat zu wahren, wie auch auf auf die Konkurrenz unter den verschiedenen NS-Institutionen. Der Autor des Berichts gehörte zu den jüngeren Schülern des Internats.

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