Berlin 2005 – wissenschaftliches Programm
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AKPHIL: Philosophie der Physik
AKPHIL 1: Naturgesetze und Theorienbildung
AKPHIL 1.3: Vortrag
Dienstag, 8. März 2005, 11:15–11:45, TU TC6
Optimismus und Opportunismus in der Axiomatisierung der Physik — •Michael Stöltzner — IWT, Universität Bielefeld, 33501 Bielefeld
Die Wissenschaftstheorie glaubte lange, dass axiomatische Untersuchungen nur für wohl etablierte Theorien sinnvoll wären. Diese eingeschränkte Sichtweise entsprach nicht der durch Hilbert und von Neumann geprägten Tradition der mathematischen Physik, die in diesem Vortrag erkenntnistheoretisch analysiert werden soll. Zwar findet man Studien der Grenzen einer akzeptierten Theorie, z.B. die Unmöglichkeit von Erweiterungen durch verborgene Parameter. Es gibt aber auch Untersuchungen über die Klassen möglicher Quantenfeldtheorien. Aus diesen folgen zwar starke Theoreme, z.B. spontane Symmetriebrechung; die Klasse der möglichen Modelle ist aber meist unübersichtlich und es gibt Fragen, die innerhalb des axiomatischen Rahmens nicht beantwortbar scheinen. Bereits Hilbert, der mit seiner Axiomatisierung der ART eine einheitliche Feldtheorie gefunden glaubte, propagierte eine dritte Strategie: die explorative Axiomatisierung von phänomenologischen Theorien. Mit der Stringtheorie erhielten Konsistenz bzw. Axiomatisierbarkeit sogar den Status einer Prüfinstanz derart theoretischer Mathematik. In meinem Vortrag möchte ich zeigen, dass es in all diesen Fällen um das Wechselspiel zweier Strategien geht: einer opportunistischen, die mathematische Strukturen durch pragmatische Zusatzannahmen auf physikalische Modelle anwendet, und einer optimistischen, die glaubt, durch geeignete Zusatzbedingungen mathematische Strukturen zu finden, die den physikalischen entsprechen.