Dresden 2017 – scientific programme
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GP: Fachverband Geschichte der Physik
GP 6: Orte und Theorien
GP 6.2: Talk
Tuesday, March 21, 2017, 14:45–15:15, HSZ 105
Kopenhagen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg — •Christian Joas — Historisches Seminar, LMU München
``Kopenhagen'': Wenige Ortsbezeichnungen rufen bei PhysikerInnen stärkere Assoziationen hervor. Niels Bohrs Institut war in der Zwischenkriegszeit nicht nur ein zentraler lokaler Kontext der Genese der Quantenmechanik, die Stadt lieh auch der lange dominanten Interpretation der Quantenmechanik ihren Namen. Forscher aus aller Welt besuchten Bohrs Institut oder forschten an ihm, zunächst zur Atomstruktur und zur Quantenphysik, ab den 1930er Jahren vermehrt auch zur Kernphysik. Weniger bekannt ist, dass Kopenhagen auch in der Nachkriegszeit eine herausgehobene Stellung einnahm. Niels Bohrs Sohn Aage Bohr begründete in den 1950er Jahren seine eigene ``Kopenhagener Schule'': Auf dem Feld der Kernstrukturphysik wurde Kopenhagen zum Sammelpunkt von Forschern aus Europa, Nordamerika und der Sowjetunion. Profitierte Aage Bohr dabei einfach vom etablierten Prestige der von seinem Vater begründeten Institution, oder schuf er einen eigenen Kontext kreativer physikalischer Forschung? Mein Vortrag untersucht komparativ die Bedingungen der Wissensproduktion in Kopenhagen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg aus globalhistorischer Perspektive. Dabei gehe ich insbesondere auf die spezifischen Mittlerrollen Kopenhagens vor und nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Außerdem werde ich zeigen, dass die Kopenhagener Kernstrukturphysik der Nachkriegszeit ein wichtiger Teil eines neuen Forschungsparadigmas war, das eng verwoben war mit auf der renormierten Quantenelektrodynamik aufbauenden neuen Entwicklungen in der Vielteilchentheorie.